Unser deutsches Urgemüse ist ein Retter in der Not und alles andere als spießig.
Kohlkopf - das ist kein Schimpfwort, sondern die treffende Beschreibung des Weißkohls (Brassica oleracea). Der hellgrüne bis weißliche Kohl ist schwer, fest, kugelrund und tatsächlich ungefähr so groß wie ein Kopf. Wir können ihn roh essen, blanchieren, kochen und fermentieren. Und weil er gerade bei uns so gut gedeiht, gehört er zu den wichtigsten Gemüsen in Nordeuropa. Als Sauerkraut ist er sogar zum Synonym für uns Deutsche geworden. Die "Krauts", wie uns die amerikanischen Soldaten in den beiden Weltkriegen getauft haben, wussten eben, was sie durch die kargen Wintermonate bringt. Aber vielleicht ist die Bezeichnung auch ganz liebevoll gemeint, denn "chou", das französische Wort für Kohl, ist auch ein Kosewort. Sogar die Queen hat zugegeben, dass Prinz Philip sie "mon chou", "mein Kohlkopf", genannt hat.
Der Kohlkopf wird am besten zuerst mal mit einem wirklich scharfen, großen Brotmesser geviertelt. Denn das einzige, was an ihm nicht essbar ist, ist der Strunk in der Mitte. Alles andere lässt sich verarbeiten, am besten so fein geschnitten wie möglich. Das ist auch schon das, was an der Zubereitung am meisten Arbeit macht. Einfacher geht es mit einem Krauthobel. Den gibt es auf dem Flohmarkt oder als moderne Variante mit ziemlich scharfen Messern, für die wir eigentlich einen Waffenschein bräuchten - also unbedingt Vorsicht.
Und Oma hat schon mal den Weißkohl hervorgeholt, wenn es uns nicht gut ging? Richtig so. Denn Kohlblätter können antibiotisch und entzündungshemmend wirken. Besonders bei Furunkeln und Pickeln sind sie ein bewährtes Mittel. Dafür müssen wir die ganzen Blätter allerdings mit dem Nudelholz etwas anquetschen, die Heilkraft steckt im Saft. Und eine Vier-Wochen-Kur mit gepresstem Kohlsaft kann gegen Magenentzündungen helfen (vgl. Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde. Grundlagen - Anwendung - Therapie. Stuttgart: Karl F. Haug 2014. S. 234.).
Nichts einfacher als das: An einem kühlen, trockenen, dunklen Ort hält sich der Kohlkopf quasi unbegrenzt, auf jeden Fall während des ganzen Winters. Das ist auch der Grund, weshalb der Weißkohl schon im Mittelalter überall angebaut wurde und auch in keinem Klostergarten fehlen durfte. Nahrungsmittel, Heilmittel und auch noch haltbar - ein Geschenk der Natur an uns hier oben, wo im Winter fast nichts wächst.
Das, was dem Kohl seine Heilkräfte verleiht, sind Senföle, Mineralien und Spurenelemente.
Allerdings kann nicht jeder den Kohl vertragen. Gegen quälende Blähungen hilft das Würzen mit Basilikum und/oder Kümmel. Der sollte aber, anders als in so manchem traditionellen Krautsalat, nicht als ganzes Korn dazugegeben werden, sondern gemahlen. Als Zusatz in der Salz- oder Pfeffermühle gibt er eine passende Kohl-Würze ab.
Kohlrezepte kennt vermutlich jeder. Ganz lecker und mal was anderes ist eine Weißkohlsuppe nach dem Rezept der französischen Zwiebelsuppe: mit Sherry, geröstetem Weißbrot und würzigem Käse überbacken. Das mögen auch diejenigen, die sonst keine Kohlfreunde sind.